Geschäftsführung der VHS muss finanzielle Unregelmäßigkeiten erklären
Gelten für den Geschäftsführer einer öffentlichen GmbH andere Spielregeln als für „normale“ Beschäftigte? Das fragen sich die KollegInnen der VHS Göttingen-Osterode. Denn wie jetzt ans Licht kam, nutzte wohl der Geschäftsführer der VHS, Thomas Eberwien, die geschäftliche Kreditkarte über fast eineinhalb Jahre, ohne Belege vorzulegen oder Ausgaben für private Zwecke zu erstatten.
Nachdem sich so einige tausend Euro seit April 2015 aufsummierten, u.a. für Flugreisen und Hotelrechnungen in Amsterdam und Mallorca, stellten KollegInnen nun sogenannte Gefährdungsanzeigen und wandten sich mit einer Beschwerde an den Betriebsrat.
Mit diesem Schritt zeigten die KollegInnen zum einen eine Gefährdung ihrer Gesundheit an, als auch eine mögliche Gefährdung des Betriebsvermögens durch die vom Geschäftsführer veranlassten und nicht belegten Buchungen. Für MitarbeiterInnen in der Buchhaltung war die Situation besonders belastend, war für sie doch ungeklärt, ob sie sich ungewollt der Beihilfe oder Mittäterschaft zur Veruntreuung von Betriebsvermögen schuldig machten.
Nachdem die Geschäftsführung die Berechtigung der Beschwerde erst nach Androhung der Einsetzung einer sogenannten Einigungsstelle anerkannte (ein haftungsrechtlich wichtiger Schritt), erfolgte der Ausgleich der Zahlungen für Privatreisen wohl erst nachdem sich der Betriebsrat noch zusätzlich an den Aufsichtsrat gewandt hatte.
Da stellt sich doch die Frage: Meinen die eigentlich, sie kommen mit allem durch?
Gibt es nicht so etwas wie eine "Vermögensbetreuungspflicht" für eine Geschäftsführung? Wurde diese hier besonders kreativ interpretiert - oder ist ein solches Verhalten normal?
Der Aufsichtsratsvorsitzende Marcel Riethig hat nun zusammen mit den Gesellschaftern der VHS eine Überprüfung der Unregelmäßigkeiten durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einen Rechtsanwalt angekündigt.
Na, da sind wir aber gespannt....
Denn: Der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates, Tom Wedrins, hatte in einer ersten Reaktion anscheinend nichts Besseres zu tun, als dem Betriebsrat mögliche rechtliche Schritte wegen vermeintlich "übler Nachrede" anzudrohen.
Und Thomas Eberwien, dessen Handeln jetzt angeblich überprüft werden soll, ist selber ja auch noch Geschäftsführer der KVHS. Das ist pikant. Denn die VHS Göttingen-Osterode gehört nicht direkt Stadt und Landkreis, sondern nur vermittelt über die städtische Beteiligungsgesellschaft und die KVHS des Landkreises. Und da Eberwien zeitgleich auch der Geschäftsführer dieser KVHS ist, ist er als solcher auch Vertreter der einen VHS-Gesellschafterin (d.h. der einen VHS-Eigentümerin). Hat der gute Mann jetzt also die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt, sein eigenes Verhalten kritisch zu überprüfen? Spannend.
Hat ein Geschmäckle, oder?
Update:
Inzwischen haben verschiedene Medien berichtet
HNA am 2. September hier
HNA am 3. September hier
Göttinger Tageblatt am 3. September hier
Göttinger Tageblatt am 5. September hier
HNA am 5. September hier
NDR online am 6. September hier
HNA am 6. September hier
Göttinger Tageblatt am 6. September hier
zweiter Artikel des GT am 6. September hier
ver.di Presseerklärung vom 5. September hier
ver.di Presseerklärung vom 6. September hier
Göttinger Tageblatt vom 17. September hier
Göttinger Tageblatt vom 21. September hier
NDR am 21. September hier
HNA am 21. September hier
Göttinger Tageblatt am 27. September hier
HNA am 29. September hier
HNA am 24. November hier
Göttinger Tageblatt vom 8. Dezember hier
HNA am 9. Dezember hier